Aus "The Humanist" (Sept./ Okt. 1975)
Manifest von 186 führenden Wissenschaftlern sowie Nobelpreisträgern "Wissenschaftler auf den verschiedenen Gebieten sind besorgt über die anwachsende Anerkennung der Astrologie in vielen Teilen der Welt.
Wir, die Unterzeichneten - Astronomen, Astrophysiker und Wissenschaftler auf anderen Gebieten - wollen die Öffentlichkeit warnen gegen die unreflektierte Annahme der Vorhersagen und Ratschläge, die privat und öffentlich von Astrologen gegeben werden. Diejenigen, die an die Astrologie zu glauben wünschen, sollten bemerken, dass es keine wissenschaftliche Begründung (Grundlage) für ihre Grundsätze gibt.
In früheren Zeiten glaubten die Leute an die Voraussagen und Ratschläge der Astrologen, weil die Astrologie ein wesentlicher Teil ihres magischen Weltbildes war. Sie schauten auf die Himmelskörper als auf Wohnstätten oder Omen der Götter, und so setzten sie sie in engen Bezug zu den Vorgängen auf der Erde; sie hatten keinen Begriff der ungeheuren Entfernungen der Planeten und Sterne von der Erde.
Heutzutage, da diese Entfernungen berechnet werden können und sind, können wir sehen, wie unendlich klein die Schwerkraft und andere Wirkungen sind, die von den entfernten Planeten und den noch entfernteren Sternen ausgehen. Es ist einfach ein Fehler zu glauben, daß die Kräfte, die von den Sternen und Planeten im Moment der Geburt zur Geltung kommen, in irgendeiner Art unsere Zukunft gestalten können. Es ist weder wahr, dass die Position von entfernten schweren Körpern gewisse Tage oder Perioden günstiger für besondere Arten von Unternehmungen machen, noch dass das Zeichen unter dem man geboren wurde die Verträglichkeit oder Unverträglichkeit mit anderen Leuten bestimmt. Warum glauben Leute an Astrologie? In diesen unsicheren Zeiten sehnen sich viele nach der Bequemlichkeit einer Führung für ihre Entscheidungen. Sie würden gern an ein vorherbestimmtes Schicksal durch Sternenkräfte jenseits ihrer Kontrolle glauben. Jedoch, wir müssen alle der Welt ins Gesicht sehen, und wir müssen anerkennen, daß unsere Zukunft in uns selbst liegt und nicht in den Sternen. Man sollte meinen, daß es in dieser Zeit der weitverbreiteten Aufklärung (wörtlich: Erleuchtung) und Bildung (Erziehung) unnötig sei, Glauben, die auf Magie und Aberglauben basieren, des Nimbus zu entkleiden (bzw. der Hohlheit zu überführen). Jedoch die Annahme der Astrologie durchdringt die moderne Gesellschaft. Wir sind besonders beunruhigt wegen der fortlaufenden unkritischen Verbreitung astrologischer Aufzeichnungen, Vorhersagen und Horoskope durch die Medien und andere ehrbare Zeitungen, Magazine und Verlage (Buchveröffentlicher). Dieses kann nur zum Wachstum des Irrationalismus und Obskurantismus beisteuern. Wir glauben, dass die Zeit gekommen ist, die anmaßenden Ansprüche von astrologischen Scharlatanen direkt und machtvoll in Frage zu stellen.
Es sollte offensichtlich sein, daß jene, die weiterhin an die Astrologie glauben, es trotz der Tatsache tun, dass es keine verifizierte wissenschaftliche Basis für ihren Glauben gibt und dass tatsächlich starke Anzeichen (Beweise) für das Gegenteil vorhanden sind."
Bart J.Bok, emeritus, professor of astronomy, University of Arizona
Lawrence E.Jerome, science writer, Santa Clara, California
Paul Kurtz, professor of philosophy, SUNY at Buffalo
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Stellungnahme von Wolfgang Döbereiner
"Ein Einspruch von Vertretern des bestehenden Wissenschaftssystems gegen die Astrologie ist nicht erstaunlich und konnte erwartet werden.
Erstaunlich und erschreckend zugleich, ist die Art, wie dies geschieht. Der Einspruch weist ein geradezu groteskes Unwissen über Astrologie auf (ein physikalischer Einfluss der Planeten auf Wesen und Geschick der Menschen entspricht wohl eher dem Versuch, sich die Astrologie auf naturwissenschaftliche Weise vorzustellen; ein solcher physikalischer Einfluß wurde von den Vertretern der Astrologie zu keiner Zeit akzeptiert).
Der Einspruch zeigt zudem den Dilettantismus, über ein anderes Wissensgebiet urteilen zu wollen, nur weil man Physiker, Chemiker
oder Astronom ist. Erschreckender jedoch als dies ist die zutage tretende Oberflächlichkeit.
Zusammenhänge und Hintergründe, warum der Mensch nach seinem Schicksal fragt, werden mit geradezu unverschämten Unterstellungen ("Bequemlichkeit, in Entscheidungen geführt zu werden") und Phrasen ("Wir müssen alle der Welt ins Gesicht sehen") [verunglimpft].
Statt dessen wird Schuld abgeschoben, und ohne Hemmungen der Astrologe als Scharlatan diffamiert.
Alle übrigen Zeitgenossen sind Verführte, sogar "ehrbare Zeitungen und Verlage". Nicht gesprochen dagegen wird von der Krise des wissenschaftlichen Weltbilds, und die Zeit der Aufklärung, die wohl eher vor 250 Jahren stattfand, wird für eine Gegenwart beschworen, in der der Traum von der Kalkulierbarkeit des Lebens längst ausgeträumt ist.
Diagnostiziert man diese in dem Manifest der führenden Wissenschaftler zutage tretenden Merkmale, so wird man wohl mehr auf emotionelle denn sachliche Beweggründe schließen müssen. Die Gründe für eine emotionelle Reaktion der Wissenschaftsvertreter gegenüber der Astrologie dürften in einer aufsteigenden Konfrontation zu suchen sein. Sie wird in dem Augenblick spürbar, in dem die Astrologie die Grenzen des Unterhaltungswertes übersteigt und Ergebnisse zeitigt, die geeignet sind, den Alleinvertretungsanspruch des bestehenden Wissenschaftssystems in Frage zu stellen.
Sie sind außerdem in der Aufgeschlossenheit des Menschen gegenüber der Astrologie zu sehen. In der gegenwärtigen Wissenschaftskrise, im Zweifel über die verblassten Ideale der Aufklärung und des Fortschrittsglaubens, fühlt er sich im Stich gelassen, auf sich selbst und die Selbstbesinnung zurückgeworfen. Er sucht eine neue Beziehung zu Umwelt und Geschehen, ein begriffenes Verhältnis zum Schicksal.
Es kann nicht der Sinn dieser Entgegnung sein, Astrologie zu erklären. Es stehen dafür genügend seriöse Veröffentlichungen als Informationsquellen zur Verfügung. Wohl aber ist es der Sinn dieser Entgegnung, die Freiheit des einzelnen zu seiner Anschauung und Überzeugung vor Verunglimpfung ("Kritiklosigkeit") gegenüber dem diktatorischen Anspruch auf Denkfähigkeit zu schützen. Zudem, einer allzu einfachen Argumentation Grenzen zu setzen.
München 1.September 1975 Wolfgang Döbereiner - Astrologe"